Die AG Bauen & Wohnen untersucht den Bebauungspläne 64 und 90 des Wohngebiets Heiligenloh (nördlich und südlich des Membacher Weges) hinsichtlich einer notwendigen Aktualisierung aufgrund der zahlreichen Bürgerbeschwerden über die „Bausünden“ einer ungeregelten Nachverdichtung.

Antrag des Stadtteilbeirats Alterlangen zur Nachverdichtung in der Siedlung Heiligenlohe in seiner Sitzung vom 30.06.2021:

„Der Stadtteilbeirat Alterlangen beantragt eine Überarbeitung der Baulinienpläne Nr. 64 vom 01.02.1958 (Teilfläche) und Nr. 90 vom 18.04.1956 mit dem Ziel der Steuerung der Weiterentwicklung der Siedlung Heiligenlohe durch qualifiziertes Baurecht zur Erhaltung des wesentlichen Siedlungscharakters.“

Die Begründung für den Antrag:

Gegenwärtig befindet sich die Siedlung „Heiligenlohe“ in einem Umwandlungsprozess, der von großen Teilen der Anwohnerschaft sehr kritisch gesehen wird. Die Siedlung entstand Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts als überwiegendes Einfamilienhausgebiet in lockerer Bebauung auf einer ehemaligen Waldfläche. Sie zeichnet sich durch eine hohe Wohnqualität aus. Die Erschließung und das Baurecht wurden in einfachen Baulinienplänen geregelt, die sich auf wenige Festsetzungen beschränken. Dies erwies sich über lange Zeit als ausreichend.

Infolge eines Strukturwandels in der Bewohnerschaft kommt es aber gegenwärtig verstärkt zu Eigentümerwechseln mit zunehmender Aktivität von Bauträgern, die wo immer möglich, neue Wohnformen wie z.B. Geschosswohnungen in Wohnanlagen mit Tiefgaragen anstreben. Diese Form der Nachverdichtung führt zu einer Veränderung des Siedlungscharakters, die auf sehr große Vorbehalte stößt. Die entstandenen Konflikte und der große Unmut führen zu zahlreichen Eingaben und Anträgen der Anwohner mit dem Ziel der Einstellung der überdimensionierten, massiven Bauvorhaben.

Eine wesentliche Ursache dieser Probleme sind die völlig veralteten Baulinienpläne, die nicht geeignet sind, diesen Strukturwandlungsprozess zu steuern. Es fehlt eine erkennbare Strategie für die Weiterentwicklung der Siedlung. Es gibt kein allgemein akzeptiertes Leitbild. Statt einer breiten Öffentlichkeitsbeteiligung werden nur unmittelbare Angrenzer im Baugenehmigungsverfahren beteiligt.

Eine Überarbeitung der einfachen Baulinienpläne zu qualifizierten Bebauungsplänen mit der üblichen Öffentlichkeitsbeteiligung bietet die Chance, eine Weiterentwicklung der Siedlung zu ermöglichen ohne den Charakter des Wohngebiets übermäßig zu verändern.

Quelle: W. Stein und AG Bauen und Wohnen

Beschlussvorlage und Ergebnis UVPA-Sitzung vom 18.01.2022:

Die Stadt Erlangen strebt die Schaffung neuen Wohnraums an. Dabei sollte auch eine behutsame Weiterentwicklung innerhalb des bestehenden Siedlungsgefüges (!) angestrebt werden, um dem Anspruch eines sparsamen Umganges mit Grund und Boden gerecht zu werden.

Die Baulinienpläne Nr. 64 und 90 stammen aus den Jahren 1958 und 1956 und setzen überbaubare Grundstücksflächen und die Zulässigkeit von zwei Vollgeschossen fest.
Darüberhinausgehende Festsetzungen werden nicht getroffen. Im Übrigen muss sich das Maß der baulichen Nutzung (z.B. Grundfläche der Bebauung und zulässige Wandhöhe) im Sinne des §34 BauGB in die nähere Umgebung einfügen.

Auf dieser rechtlichen Grundlage wurden in den letzten Jahrzehnten große Teile der Grundstücke Alterlangens bebaut. Dabei ergab sich eine sehr durchmischte Baustruktur in Form von Einfamilienhäusern, Doppelhäusern, Reihenhäusern und großen und kleinen Mehrfamilienhäusern. Ein einheitlicher Siedlungscharakter der Baustruktur ist somit nicht erkennbar und könnte entsprechend nicht zur Grundlage für eine Änderung des Baurechtes herangezogen werden. Bei der Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplanes ist auch immer auf die vorhandene Baustruktur Bezug zu nehmen. Gleichwohl durch eine Änderung der zuvor genannten Baulinienpläne grundsätzlich keine Entschädigungsansprüche im Sinne des § 42 BauGB entstünden, ist eine Einschränkung von bestehendem Baurecht kein Ziel der Verwaltung. Der zeitliche und personelle Aufwand der Baulinienplan-Änderung würde außerdem dem städtebaulichen Ziel der Stadt widersprechen, Personal- und Finanzressourcen möglichst für die Schaffung von Wohnraum zu verwenden.

Durch die vorhandenen, teils sehr großen Grundstücke in Alterlangen, ist eine behutsame Weiterentwicklung städtebaulich vertretbar und zu begrüßen. Dadurch wird dem Grundsatz der Innen- vor Außenentwicklung Rechnung getragen und vorhandene Flächenpotenziale im bestehendem Siedlungsraum ausgenutzt. Große Grundstücke haben das Potenzial zur Schaffung neuen Wohnraums und tragen zu einer zeitgemäßen Ausnutzung der Flächen bei und entsprechen somit dem planerischen Ziel des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden – wenn auch dieser Wohnraum fast ausnahmslos nur im höherpreisigen Eigentumssegment entsteht.
Dabei werden jedoch keine neuen Maßstäbe für die zulässige Bebauung geschaffen, sondern die neu entstehenden Gebäude orientieren sich in ihren Maßen an dem vorhandenen Bestand.

Mit Vollzug dieses Baurechtes wurde ein großer Teil Alterlangens bebaut. Hierbei ergaben sich zum Teil Überschreitungen der festgesetzten Baulinien (siehe Anlage 3). Die notwendigen Befreiungen hierfür wurden über die Jahrzehnte im Rahmen von Bauantragsverfahren ausgesprochen, sofern diese städtebaulich vertretbar waren, weil sie z.B. nicht negativ im Ortsbild
auffallen sowie sich in die vorhandene Baustruktur einfügten. Diese Befreiungen von den überbaubaren Grundstücksgrenzen wurden aus diesen Gründen auch innerhalb qualifizierter Bebauungspläne bereits ausgesprochen z.B. im Finkenweg innerhalb des Bebauungsplan Nr. 139. Dementsprechend wäre auch durch eine Änderung der Baulinienpläne Nr. 64 und 90 nicht zu verhindern, dass es zu vereinzelten Überschreitungen von Baugrenzen käme. Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB können Befreiungen zugelassen werden, sofern dadurch nicht die Grundzüge der Planung betroffen sind und z.B. das Bedürfnis der Schaffung von neuem Wohnraum dies erfordert.

In der Praxis ergeben sich aus den ausgeführten Sachverhalten Maßgaben zum zulässigem Maß der baulichen Nutzung, welches durch einen qualifizierten Bebauungsplan in gleicher Form geregelt werden würde. Somit würde der Aufwand einer Änderung der Baulinienpläne im Ergebnis keine andere Bebauung als bisher ermöglichen oder verhindern. Aus diesem Grund sollte aus Sicht der Verwaltung von einer Änderung abgesehen werden, da der Nutzen in keinem Verhältnis zum Aufwand stünde.

Beratungsergebnis / Beschluss des Umwelt-, Verkehrs- und Planungsbeirat:

  1. Die Ausführungen der Verwaltung werden zu Kenntnis genommen.
  2. Der Antrag 201/2021 des Stadtteilbeirates Alterlangen ist hiermit bearbeitet.

Abstimmung: einstimmig angenommen mit 9 gegen 0

In der Diskussion der teilnehmenden Stadträte wurde noch die Möglichkeit zum Schutz wertvoller Bäume thematisiert, was von Herrn Weber dahingehend beantwortet wurde, dass dies innerhalb der freizuhaltenden grünen Innenräume der Baublocks beabsichtigt sei (Quelle: StBR W. Stein).